Oktober 2012

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Home, sweet home (Possum-Nistkasten)

Nahaufnahme des Übeltäters

Angophora. Im Oktober wird eindrucksvoll unter Beweis gestellt, warum es eine weise Entscheidung war, unser Haus bereits Anfang September auf den Markt zu bringen. Unsere Angophora bereitet sich auf den alljährlichen Kleiderwechsel vor ...

Angophora costata, Sydney Red Gum, ist ein Eukalyptus-Baum mit wunderschöner rotbrauner Rinde. Verrufen sind sie als "widow maker", Witwen-Macher, da eine nicht ganz kleine Anzahl Menschen durch herabfallende Äste getötet wurde. In den Ästen nämlich speichert die Angophora Wasser für Dürreperioden. Entsprechend schwer sind die.

Unsere Angophora ist natürlich ganz harmlos. Die meiste Zeit des Jahres ist sie Heim für ein Possum, das in ihren Ästen einen von Claudia liebevoll gebauten Nistkasten bewohnt, sowie für Kookaburras, die von uns mit Salami gefüttert werden. Nur im Frühling mutiert sie zu einer Plage. Die Rinde schält sich in großen Streifen und übersät wochenlang unsere Einfahrt mit mehr oder minder großen Borkestücken und roten Flecken. So viel Leidenschaft beim Kleiderwechsel ist der eifrigste Besen — auch der von Claudia — nicht gewachsen! Bedenken wir, dass Claudia während unserer Verkaufskampagne auch ohne Angophora durchschnittlich einen halben Tag pro Woche vor den Tagen der Offenen Tür mit Fegen verbrachte, so wisst Ihr die einleitende Bemerkung sehr wohl zu verstehen.

Alles in Bewegung

Verkehrsübungsplatz. Unsere Freunde, die Brownies, hatten uns den Tipp gegeben: Etwas südlich der Stadtmitte beherbergt Sydney Park einen öffentlichen Verkehrsübungsplatz, der nur unter der Woche meist von Schulen reserviert ist. Nun, wo die Samstage wieder uns gehören und kein Haus herauszuputzen ist, packen wir die Laufräder und deren Besitzer ins Auto und machen uns auf den Weg. Bei Sydney Park angekommen, sind wir überrascht, wie populär die Anlage zu sein scheint. Wir ergattern den letzten Parkplatz und bestaunen das etwas unkoordinierte Gewimmel auf dem Asphalt. Auf dem sind realitätsnah, nur kleiner, Straßen, Zebrastreifen, Kreisel modelliert, und eine Ampel gibt abwechselnd der einen oder anderen Richtung Vorfahrt. In der Theorie. In der Praxis sind die dutzenden 3- bis 8-jährigen viel zu aufgeregt und beschäftigt, um solche feinen Differenzen wie "Rot" oder "Grün" zu beachten. Entsprechende Herausforderung ist es für uns, das Areal zu überqueren, ohne von einem Fahrrad, Laufrad, Dreirad, Skateboard oder Rollschuhen überfahren zu werden. Mit etwas Geduld und energischem Einsatz der mitgebrachten Kühlbox erreichen wir das sichere "Ufer" einer Wiese mit einem riesigen Sonnensegel darüber — der perfekte Flecken für unser Picknick.

Wir, das sind zu diesem Zeitpunkt nur noch Claudia und Peter; Niklas und Jonas haben wir auf dem Weg "verloren". Viel zu faszinierend sind die Straßen und vor allem die Ampel. Ganz im Gegensatz zum Herrn Papa, der selbige besonders gern in Farbe Grün hat, bevorzugen Niklas und Jonas sie in Rot. Klar, denn dann hat sie eine echte Daseinsberechtigung. Eine grüne Ampel ist genau so wertvoll wie gar keine: Man fährt einfach dran vorbei. Bei Rot aber kann man voll konzentriert davor stehen, sie fixieren und beim Umspringen der Lichter alle Umstehenden lautstark darauf hinweisen, nun bittschön loszufahren.

Peter gibt den beiden Kleinen eine kurze Einweisung in elementare Verkehrsregeln. Da Jonas und Niklas während der vielen Autofahrten aber sowieso schon viel gelernt haben, kann die sich auf das Nötigste beschränken und wiederholt viel Altbekanntes: dass man in Australien auf der linken Seite fährt; dass man am Zebrastreifen dem Fußgänger Vorrang gibt; dass man nicht in die verkehrte Richtung in eine Einbahnstraße einfährt. Obwohl Anfauchen anderer Verkehrsteilnehmer, Stinkefinger oder Vogel zeigen nicht auf dem Lehrplan stehen, tut Jonas sich in der Folgezeit als Wächter der Guten Sitten hervor, der andere Kinder lautstark darauf hinweist, dass sie an der roten Ampel gefälligst stehen zu bleiben haben. Wo soll das mal enden ...?

Nach einem Picknick verbringen wir den Nachmittag auf dem riesigen Spielplatz von Sydney Park und seinem ausgedehnten Fuß- und Radwegenetz. Dort können unsere beiden Kurzen ihr neu erworbenes Wissen so richtig anwenden. Und sich austoben. Denn schließlich ist ein Ziel der Übung auch, die Kinder ordentlich müde zu bekommen. :-)

Wo's schön ist, wird geheiratet. Hier: Jervis Bay

Hier an Sydneys Harbour Bridge

Keine Augen für die Braut: 2 Wünschelrutengänger

Jervis Bay. "Dank" Hausverkauf, Hauskauf und Deutschlandurlaub ist es einige Monate her, seit Claudia zuletzt in einem Kajak saß. Im Oktober findet sich auf dem Kalender unseres Seekajak-Clubs ein Trip, der perfekt als Wiedereinstieg passt: Eine innere Umrundung der Bucht Jervis Bay. Die ist aufmerksamen Lesern unserer Berichte ein Begriff. Schon im Juni 2002 war sie ein erstes Mal erwähnt als unser erstes Ausflugsziel außerhalb Sydneys. Seither waren wir zigfach in Currarong auf der Ozeanseite der Bucht, in Huskisson oder Honeymoon Bay auf der Innenseite. Dieses Jahr dient Vincentia als unser Quartier.

Nach einer gemeinsamen Nacht auf dem Campingplatz paddelt Claudia hier Samstag morgens los. Ihre Tour ist so lang, dass sie und die Paddlertruppe in Honeymoon Bay auf halbem Wege campieren werden, während "ihre Männer" in Vincentia bleiben. Den dreien wird's nicht langweilig: Sie verbringen einige Zeit damit, die diversen Läden in diesem touristisch angehauchten Ort (erfolglos) nach Drachen zu durchforsten, am Strand Sandburgen und Gräben zu buddeln (und diese von der einsetzenden Flut überspült zu sehen) und im Wasser zu spielen. Eine Hochzeitsgesellschaft ist am Strand und lässt sich dort fotographieren. Dies ist immer ein Indiz dafür, dass ein Flecken ein besonders schöner ist; sonst findet man Hochzeitspaare vorwiegend in der Nähe des Sydney Opera House. Mittags gönnen Niklas, Jonas und Peter sich ein ausgiebiges Essen im Bistro mit anschließendem Eiskrem und Kuchen, und abends geht's in den Pub. 20 Uhr 30 sind die Akkus leer und die Kinder kollabieren in ihre Schlafsäcke. In Ermangelung von anderen Optionen folgt Peter rasch danach.

Tags darauf erkunden die drei einen Fischteich und die Mangroven in der Nähe des Hafens. Ein Münzensucher hatte am Vortag davon erzählt. Solche skurrilen Gestalten findet man des öfteren an Australiens Stränden: In der Hand einen Metalldetektor, auf den Ohren Kopfhörer, "grasen" sie den Strand in der Hoffnung ab, verlorenes Kleingeld zu finden: moderne Goldgräber. "Unserer" erzählt uns, dass sich an einem besonders erfolgreichen Tag an einem westaustralischen Strand — immerhin 4000 km von Jervis Bay entfernt! — die Investition in den Metalldetektor an einem Tag amortisiert hatte. Heute aber, so klagt er wehmütig, zahlen die Leute vorwiegend mit Kreditkarten, und das Piepen des Detektors deutet meist auf Kronkorken hin. Jedenfalls weiß er von dem Teich zu berichten, in den die Fischer seit Jahrzehnten nach ihren Angeltouren die zu kleinen Fische werfen, und der heute eine große Auswahl an Fischen bis hin zu knapp 2 Meter langen King Fishes beheimatet. Mit altem Brot bewaffnet machen wir uns auf den Weg und finden tatsächlich, wenn auch nicht den King Fish, eine riesige Zahl hungriger Fischmäuler.

Claudia paddelt unterdessen einmal um die Bucht herum. Die richtig spektakulären Flecken wie z.B. Point Perpendicular — eine 100 Meter hohe senkrechte Felswand mit Leuchtturm darauf, da wo Jervis Bay ins offene Meer übergeht — liegen zwar nicht auf der Strecke. Aber einfach mal wieder Seemannsgarn auszutauschen, von den letzten Zusammentreffen mit Walen zu hören, am Lagerfeuer Geschichten von mehrtägigen Paddel-Trips zu lauschen, ist allemal genug. Sie kann umgekehrt all die Anspannung der letzten Wochen in ihren eigenen Erzählungen los werden. Und Jervis Bay mit seinem klaren Wasser und einer frühlingshaften australischen Sonne darüber ist alleine schon die Reise wert. Nicht zu vergessen ein Abend vor dem Zelt, wenn man nach einem Tag auf dem Wasser, einem Tag körperlicher Ertüchtigung den Rotwein so richtig geniessen kann. Wieder so ein Wochenende, das ein Kurzurlaub ist.